2007-06-26

10. Akt II -c

Pädagogische Sternstunden und vertretungstechnische Meisterleistungen - Akt II - c

Doch da, plötzlich, tauchte, unbemerkt von fast allen, kurz vor den Weihnachtsferien ein Silberstreif am Horizont auf: Eine neu zugezogene Grundschullehrerin, die die ganze Zeit im Mutterschutz war, fragte bei ihrer Nachbarin - einer Mutter unserer Klasse - an, wie das hier in Altrip so sei, ob Lehrer an der Grundschule gebraucht würden…

Die besagte Lehrerin meldete sich bei der Rektorin Frau L´école-c´est-moi um ihren schnellen Einsatz in der für alle Beteiligten prekären Situation anzubieten. Griff die Rektorin sofort zum Hörer, um mit der vorgesetzten Schulbehörde zu reden? Setzte sie alle Hebel in Bewegung, um diesen Strohhalm zu ergreifen? Hm, was es bedeutet, alle Hebel in Bewegung zu setzen, ist sicherlich eine Definitionssache; was die Rektorin Frau L´école-c´est-moi darunter verstand, war, die potentielle Lehrerin darauf hinzuweisen, dass sie sich an die vorgesetzte Schulbehörde wenden solle…
Das versuchte diese Lehrerin dann auch, doch die Vorboten der Weihnachtsferien hatten offensichtlich schon die vorgesetzte Schulbehörde erreicht und irgendwie ist es ihr nicht gelungen, zu den entscheidenten Beamten vorzudringen (oder waren es doch eher bürokratische Hürden, die der Amtsschimmel nicht schaffte?). So erlosch der Silberstreif ohne dass es überhaupt von jemandem, v.a. von der Mehrheit der Elternschaft, bemerkt worden wäre im Nirwana von Schulferien und Bürokratendschungel. Und weiter ging es wie zuvor.

Das Befremden mancher Eltern ob der schulischen Situation wuchs immer mehr und diese forderten die Elternsprecherin auf, einen Elternabend mit der Rektorin Frau L´école-c´est-moi einzuberufen (was die Eltern – und offensichtlich auch die Elternsprecherin- nicht wussten, war die Tatsache, dass ein Elternabend immer von dem Elternsprecher einberufen wird, auch durchaus ohne Lehrer/in, wenn´s denn sein muss).

Kurze Zeit später teilte die Elternsprecherin in einem von ihr verfassten Gedächtnisprotokoll des Gespräches mit, die Rektorin habe keine Zeit für einen solchen Elternabend. Dazu muss man anmerken, dass die Rektorin sehr wohl Zeit fand, in diesen Tagen einem Elternabend mit Pfarrer Gottlieb beizuwohnen, der alle Jahre wieder stattfindet, wegen dessen „individueller Unterrichtsmethoden“, den dieses Jahr von den Eltern aber so gut wie niemanden interessierte …

Auch deshalb wendeten sich die Eltern im Januar wieder an die Schulbehörde und fragten, ob diese einen Elternabend mit Rektorin veranlassen könnte. Die Beamtin zeigte sich erstaunt, dass noch keine Information an die Eltern weitergegeben wurde und gab bis Ende Januar Frist, wenn dann noch nichts passiert sei, sollten wir noch mal Bescheid geben. Ganz offensichtlich muss sich die Schulbehörde mit der Rektorin Frau L´école-c´est-moi in Verbindung gesetzt haben, denn diese kündigte „demnächst“ einen Elternabend an – aha!

Einige Anrufe bei der Schulbehörde später erhielten wir die befreiende Botschaft: „Wir haben eine Lehrerin für Ihre Klasse gefunden! Sie wird ab Anfang Februar eingesetzt!“ Ein Aufatmen ging durch die Reihen der Eltern, sie waren vorsichtig beruhigt, warteten auf den versprochenen Elternabend und hielten weiter still. So verging zwar mehr schlecht als recht die Zeit bis zum Halbjahreszeugnis, einige Male waberte auch das Gerücht durch die Sphäre, dass Frau Mausgrau-Unsichtbar wiederkäme, doch alle warteten auf das neue Halbjahr mit der neuen Lehrerin, die sicherlich alles zum Guten wenden würde…

Nach diesem doch hoch motivierenden ersten Halbjahr verließ das erste Kind dieser Klasse die Schule und wechselte auf eine private Grundschule in der nächstgelegenen Stadt. Die Mutter erzählte mir, bei dem Mädchen sei eine Teilleistungsschwäche festgestellt und sie sei mit dieser Klassensituation völlig überfordert. Sie habe über Wochen hinweg jede Nacht Alpträume wegen der Schule gehabt, so dass die Eltern handeln mussten. Da sie – nach allem, was bisher lief - an der hiesigen schulischen Situation keine Änderungen zum Positiven erwarteten, wählten sie den Schulwechsel, obwohl dieser jede Menge Fahrerei, Zeitaufwand und Kosten mit sich bringt.
Doch der Schulwechsel hatte zumindest dies zum Ergebnis, dass die Alpträume nach einer Woche in der neuen Schule vorbei waren - und sie Akt III nicht miterleben musste …


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