Pädagogische Sternstunden und vertretungstechnische Meisterleistungen - Akt III - b
Doch nun zu der inhaltlichen Seite des Unterrichts von Frau Nie-Nix-Gut:
Zunächst einmal – und das war durchaus begrüßenswert – hatte Frau Nie-Nix-Gut sehr hohe Ansprüche, die sie versuchte umzusetzen nach den Unterrichtsausfällen war ja auch eine Menge nachzuholen). Das Problem war, dass sie sich nicht groß darum kümmerte, was in der Klasse vorauszusetzen war. Nachdem sie in einem Merkblatt zur Aufsatzvorbereitung nur lateinische Begriffe wie Nomen, Adjektiv, Verb… benutzte, machte ich sie darauf aufmerksam, dass diese Begriffe noch nicht als „gelernt“, höchstens als „erwähnt“ vorauszusetzen seien und dass sie nicht davon ausgehen könne, dass alle Eltern diese Begrifflichkeiten kennen. „Da muss ich mal in dem Regelheft der Kinder nachschauen, ob da was drinssteht!“ Gute Idee, tun Sie das, Frau Nie-Nix-Gut!
Ihr Unterricht war wie eine kalte Dusche nach dem Larifarideutschunterricht vom ersten halben Jahr, aber die Klasse hatte eigentlich ein gutes Niveau gehabt die ersten beiden Jahre, so dass ihr Anspruch sicher kein Problem gewesen wäre – hätte sie nicht außerdem so gnadenlos benotet!
Ein Beispiel: In einem Grammatiktest über das Imperfekt wollte sie zum Einstieg wissen, was das Imperfekt beschreibe. Als Antwort wollte sie ausschließlich ihre Vorformulierung hören: „Ein abgeschlossenes Ereignis“. Besonders griffig für Drittklässer, oder? Mein Sohn schrieb (unelegant aber richtig): „Das was schon war“ – und bekam für diese inhaltlich richtige Aussage 0 Punkte! Ich konnte das nicht fassen, buchte – mal wieder einen - Termin und wollte über die Bepunktung aufgeklärt werden. Frau Nie-Nix-Gut hätte sich lange überlegt, ob sie dafür 0 oder einen halben Punkt geben sollte, aber sie hätten in der Klasse lange über Regeln für das Imperfekt (sie meinte damit ihre Formulierungen) geredet, und die Schüler sollten dies auch auswendig lernen, deshalb habe sie sich entschlossen, keinen Punkt zu geben. Ich entgegnete: „Selbst wenn ein Kind es schafft, diese abstrakte Formulierung auswendig zu lernen, und selbst wenn es diese Formulierung noch an die richtige Stelle im Lückentext einsetzt, können Sie immer noch nicht beurteilen, ob es verstanden hat, was es schrieb. Den Sachverhalt in eigenen Worten niederzuschreiben ist die größere Transferleistung und die benoten Sie mit 0 Punkten!“ – Schweigen im Walde…
Auffällig an ihrer Benotung war auch, dass just jene „schwarzen, unruhigen Schafe“, unabhängig welche Noten sie zuvor hatten, meistens ziemlich schlecht bei Frau Nie-Nix-Gut wegkamen, während unauffällige oder stromlinienförmigere Kinder tendenziell eher gut dastanden.
In ihrem ersten Aufsatz wurde das offensichtlich: Dieser war eine Personenbeschreibung. Für Drittklässer nicht ganz einfach, für meinen Sohn schon erst recht nicht, denn Aufsatzschreiben ist nicht so sein Ding… So übten wir nach den Vorgaben von Frau Nie-Nix-Gut ausführlich Satzumstellungen, Verwendung möglichst unterschiedlicher Verben, etc. Heraus kam eine 3-. Nun, für eine Eins hielt ich diesen Aufsatz auch nicht, aber eigentlich hatte mein Sohn doch im Wesentlichen die Dinge beachtet, die zu beachten waren. Ich durfte mir den Einseraufsatz (1-) eines Mitschülers zum Vergleich ausborgen, ein lieber netter Junge, brav und unauffällig und schon lange Klassenbester. Als ich nach dem ersten Durchlesen keine großen Unterschiede feststellen konnte, machte ich mir die Mühe einer grammatikalischen Analyse nach den Vorgaben, wie sie Frau Nie-Nix-Gut haben wollte – beide Aufsätze standen sich (außer in den 2 Noten Unterschied) in Nichts nach! So ging ich erneut zu Frau Nie-Nix-Gut, gab ihr ununterschrieben den Aufsatz meines Sohnes zurück und bat sie, die beiden von mir analysierten Aufsätze nochmals durchzulesen, vielleicht auch zusammen mit einer anderen Kollegin, denn im Vergleich wäre ich mit der Note nicht einverstanden und bat sie, sich mit mir nach den Osterferien diesbezüglich in Verbindung zu setzen. Sie war natürlich in einem Dilemma: Den einen Aufsatz schlechter benoten, darf sie nicht, den meines Sohnes besser zu benoten ist heikel, denn wenn das herauskäme, stünden 10 weitere Schüler da die ebenfalls… Bliebe noch, den gesamten Aufsatz zu wiederholen, doch dafür reichte die Zeit nicht mehr und wäre auch den Schülern nicht zu gönnen gewesen… Lange Rede, kurzer Sinn, sie hatte sich die beiden Aufsätze mit einer anderen Lehrerin angeschaut und sich entschlossen, die Note nicht zu verändern. Sie gab mir darüber nicht Bescheid, ich erfuhr es auf Nachfrage beiläufig bei meinem Sohn. Bei dem erbetenen neuerlichen Treffen gab sie zu, dass die 1- keine 1- und die 3- keine 3- sei, dass die beiden Aufsätze sich notenmäßig annäherten. Ich gab ihr daraufhin zu verstehen, dass ich eine Berücksichtigung dieses Umstandes bei der Zeugnisnote erwarte…
Wie gesagt, wir hatten stark den Eindruck, dass sich auch das Schülerverhalten in den Noten wieder spiegelte, was Frau Nie-Nix-Gut natürlich kategorisch abstritt.
Es war aber auch in manchen Teilen fehlende fachliche Kompetenz, v.a. beim Aufsatzkorrigieren bei ihr festzustellen. Zwei Beispiele: Sie strich in einem Aufsatz einen Grammatikfehler an wo keiner war, bzw. bewertete die falsche Form als richtig (was natürlich unter dem Stichwort „grammatikalisch richtige Sätze“ in die Benotung einging), beim 2. Aufsatz bemängelte sie ein Stilmittel, das zur Spannungssteigerung diente, forderte aber im nächsten Atemzug Spannungssteigerung ein…
Es kostete so viel Energie, sich ständig auf die Weise mit Frau Nie-Nix-Gut auseinanderzusetzen (ich hätte es ja auch sein lassen können, aber da ich „vom Fach bin“, ging es mir dermaßen gegen den Strich, dass eine noch nicht ausgebildete Lehrerin unsere Kinder / meinen Sohn auf die Art und Weise benoten darf, selber jedoch pädagogisch wie auch immer wieder fachlich völlig daneben greift – und dass uns die Schulbehörde eine solche, nicht ausgebildete Kraft zumutet!), so dass auch wir konkret mit dem Gedanken spielten, unseren Sohn auf eine andere Schule wechseln zu lassen…
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