Unser Jüngster ist jetzt die 6. Woche in der 5. Klasse in einem Gymnasium in Baden-Würrtemberg. An dieser Schule, die auch seine beiden Brüder "beherbergt", wird mit zweiFremdsprachen begonnen.
EXKURS: Nachdem das Land keine einheitliche Lösung zu diesem Problem vorgab, entscheiden jetzt die Gymnasien selbst, ob sie mit einer oder zwei Fremdsprachen in der 5. Klasse durchstarten. So kommt es allerorts zu der irrwitzigen Situation, dass Schüler nicht mal mehr in der gleichen Stadt problemlos das Gymnasium wechseln könnten - wenn sie denn wollten...
Seit in der 5. Klasse vor zwei Jahren mit 2 Fremdsprachen gleichzeitig begonnen wurde, erleben die Latein-/Englischklassen einen Boom. Kein Wunder, eine adäquate pädagogische Antwort darauf, wie man gleichzeitig zwei lebende Sprachen einführt, die völlig unterschiedlich geschrieben wie gesprochen werden, kann man den Eltern nach wie vor nicht geben... Während es bei unserem Ältesten von fünf 5. Klassen nur eine Lateinklasse gab, hatten sich beim Jahrgang des Mittleren schlagartig so viel Schüler für Latein eintschieden, dass sie für 2 1/2 Klassen ausreichten und jetzt sind es, glaube ich, drei Lateinklassen...
Vor zwei Jahren mussten die frischgebackenen Fünftklässler noch mit Büchern aus dem neunjährigen Gymnasium vorlieb nehmen, was v.a. in den Sprachen zu Schwierigkeiten führte. Die Lateinlehrerin sagte damals klipp und klar: Sie habe jetzt nur noch vier Wochenstunden zu Verfügung, wozu sie im neunjährigen Gymnasium sechs Wochenstunden gehabt hatte.
Die Englischlehrerin meinte, die Fachschaft Englisch habe die Bücher "entrümpelt", damit es für´s G 8 passend sei. Auf Nachfrage der Eltern, wieviele Vokabeln oder Zeiten gestrichen worden seien (denn wie will man eine Sprachbücher entrümpeln?), stelle sich heraus, dass die spielerischen, vertiefenden Elemente gestrichen wurden - das Vertiefen obliegt im G 8 sowieso den Eltern...
Als nun mein Jüngster mit den neuen, speziell für´s G 8 konzipierten Büchern zuhause ankam, dachte ich noch: "Na endlich!"...
Jetzt, etwas mehr als fünf Wochen später, wünsche ich mir in Latein das alte Buch bereits zurück: In der 1. - 2. Lektion (die jetzt abgeschlossen ist) wurden über 70 Vokabeln gelernt (in Englisch zum Vergleich in der gleichen Zeit über 90...), 3 verschiedene Deklinationen und 5 verschiedene Konjugationen eingeführt (nicht in allen Fällen und Personen, aber immerhin...). Die Übersetzungstexte sind länger als im Vorgängerbuch in der 8. Klasse, es tummeln sich hier Satzungetüme mit Haupt-, Nebensätzen, mehreren Infinitiven, etc.
Die Lateinlehrerin wollte auf dem Elternabend "das neue Konzept" dieses Buches vorstellen - ein Vater fiel ihr ins Wort:"Das Konzept beinhaltet wohl, dass man davon ausgeht, die Eltern können Latein und unterstützen zuahuse ausgiebig den Lehrer!" - Aus manchen Ecken des Klassenzimmers kam von Eltern völlig verzweifelt: "Wir können aber kein Latein!" -
Pech gehabt, kann man da nur sagen! Sie brauchen schon eine gymnasiale Laufbahn, wenn Sie ihr Kind in Ba-Wü aufs Gymnasium schicken wollen und wenn Sie es gar noch in eine Lateinklasse in der 5. Klasse anmelden, sollten sie schon das kleine Latinum als Minimalvoraussetzung haben!
Wo kämen wir denn da hin, wenn Hinz und Kunz ihrem Nachwuchs einfach eine höhere Schulbildung angedeihen lassen wollte! Bleiben wir doch dabei, dass nur bildungsnahe Schichten mit funktionierendem Elternhaus (denn nur so bleibt ausreichend Zeit zum "Kindercoaching") ihre Sprösslinge zu höheren schulischen Weihen führen können - wir haben ja genügend gut ausgebildete Fachkräfte in diesem unserem Lande...
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2007-10-21
Der Wahnsinn geht weiter - das G 8 (achtjährige Gymnasium) hat jetzt speziell abgestimmte Bücher...
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