2007-06-10

3. Der Phönix aus der Asche...

...stellte sich schon bald als ein zu früh aus dem Nest gefallener Sperling heraus... Die zugesagte "Lehrerin" war noch keine; d.h. sie befand sich in der Warteschleife zwischen 1. Staatsexamen und Referendariat. Sie sollte nun in unserer Klasse Deutsch unterrichten und gemeinsam mit der Rektorin die Klassenleiterfunktion übernehmen.

Insgesamt bekam unsere 3. Klasse jetzt 7 verschiedene Lehrerinnen (Lehrer gibt es an unserer Grundschule leider nicht mehr); für jedes Fach eine und in Kunst zwei - zur "optimalen Vorbereitung auf die weiterführende Schule".

Die neue "Deutschlehrerin" brachte das ohnehin angespannte Klima vollends zum Kochen...
Wie gesagt, sie hatte außer der PH ja noch keine Ausbildung, verfügte über kein Handwerkszeug, aber leider auch nicht über so etwas wie "intuitive Pädagogik". Sie reagierte häufig so unmöglich (das Klima von Anbringen und Lügnereien wurde nur noch unterstützt), korrigierte gnadenlos - und leider immer wieder auch mal falsch - suchte sich Sündenböcke heraus, die dann für alles verantwortlich waren, usw. Zwei Kinder verließen mitten im Schuljahr die Klasse und wechselten auf eine Privatschule, ein Kind nach diesem Schuljahr... Wir standen auch kurz vor dieser Entscheidung, entschieden uns aber für´s "Ausharren". Ob das richtig war, weiß ich nicht, denn die komplette Entmutigung, die unser Sohn in Deutsch durch diese Lehrerin erfuhr (nach sechs Wochen Unterricht bei ihr: "Mama, ich kann sowieso kein Deutsch!"), hängt ihm immer noch nach; er traut sich hier nicht sehr viel zu und dann kommt es oft, wie es kommen muss (self fullfilling prophetie)...

Was hat mich diese Frau Nerven gekostet! Ich weiß nicht mehr, wie oft ich um einen Termin bat, Briefe schrieb (auf die nie reagiert wurde), um - obwohl im Innern kochend - freundlich und konstruktiv Nachfragen zu stellen, Vorschläge zu unterbreiten... Ich gestehe: der Spagat zwischen "einfach zu lassen, weil eh nichts zu ändern ist" und einzuschreiten, weil man gewisse Dinge einfach nicht mehr hinnehmen kann, ist mir nicht gut gelungen!

Einerseits tat mir diese "Noch-nicht-Lehrerin" ja leid, denn es war auch für sie eine Zumutung, von der Schulbehörde ins kalte Wasser geworfen und so verheizt zu werden. Aber sie war eben auch eine Zumutung für unsere Kinder...!!!

Dieses Schuljahr war auch sonst eine prägende Persönlichkeitsschulung: So lernten unsere Kinder Dinge wie:

  • Lehrer dürfen zu spät kommen, wir nicht und wenn wir schauen, wo sie bleiben, gibt´s eine Strafarbeit
  • Petzen ist nicht petzen, sondern wird als "Zivilcourage" (O-Ton) bezeichnet
  • Mädchen werden ohnehin anders behandelt als Jungs
  • Lehrer sagen immer die Wahrheit, auch wenn es dann sein kann, dass die Wahrnehmung der kompletten Klasse falsch sein muss
  • ...

Unendliche Entmutigungen und Ungerechtigkeiten, letztlich zusammengefasst unter dem Motto:
§1. Lehrer haben immer Recht. §2. Wenn sie einmal nicht Recht haben, tritt automatisch §1 in Kraft.

Und was haben die Eltern getan in der ganzen Zeit? Nicht viel; einzelne Besuche bei einzelnen Lehrerinnen. Kommunikation untereinander gab es nur zufällig...
Die Schulleitung stellte sich ohne groß nachzufragen, hinter die "Noch-nicht-Lehrerin" und die Schulbehörde hatte uns diese letztlich geschickt. Abgesehen davon gab es keine Solidarität unter der Elternschaft, denn alle Eltern von Kindern die einigermaßen zurechtkamen, gingen trotz der ganzen Ungerechtigkeiten in Deckung, um ihrem Kind nicht zu schaden (die Sorge ist auch leider berechtigt). Was hätte man noch machen können? An den Schulelternbeirat dachten wir nicht (leider kann man, wie sich später zeigte, auch hier nicht viel bewegen) und um an die Öffentlichkeit zu gehen, fehlte uns schlichtweg der Mut...

Diesen Weg an die Öffentlichkeit geht jetzt gerade eine 1. Klasse; man wird sehen, was dabei herauskommt...

Insgesamt war dieses Jahr für viele Schüler/innen und deren Eltern Horror pur; v.a. die Erkenntnis, sich an niemanden wenden zu können, war schon heftig... Und noch schlimmer waren die ständigen Entmutigungen der Kinder, die ihr Selbstbewusstsein in bestimmten Fächern, aber auch ihre Vorstellung, wie Lehrer/innen sind, stark prägten.

An dieser Stelle sei auf einen guten Artikel der ZEIT verwiesen, der die "Kultur der Beschämung" im deutschen Schulsystem beschreibt...

So, für heute langt es mir; es kommt gerade wieder viel zu viel hoch, was ich eigentlich schon abgehakt dachte...



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