2007-10-28

Überforderte Prinzen

Was Frau Hümpel hier schreibt, kann ich genauso 100%ig unterschreiben... Auch wenn sich das Ganze bei uns In Baden-Württemberg abspielt - leider ist es deshalb auch nicht besser... Mal davon abgesehen, dass wir an unserer Schule das Glück einer Kantine haben...:

Alle leiden, keiner tut was: Die Familien sind die Leidtragenden der G8-Reform in Bayern, durch die das Gymnasium von neun auf acht Jahre verkürzt wurde. Aber keiner traut sich so richtig aufzubegehren. Liegt es daran, dass jeder ein paar Bekannte hat, deren Kinder angeblich ganz gut mit dem G8 klarkommen? Oder liegt es daran, dass jeder heimlich zweifelt, ob es nicht doch nur die eigenen Kinder sind, die vom G8 überfordert sind? Vielleicht glauben wir Eltern auch, dass wir langfristig nur global konkurrieren können, wenn wir uns dem Schulwahn der Chinesen und Japaner anpassen?

2007-10-21

Der Wahnsinn geht weiter - das G 8 (achtjährige Gymnasium) hat jetzt speziell abgestimmte Bücher...

Unser Jüngster ist jetzt die 6. Woche in der 5. Klasse in einem Gymnasium in Baden-Würrtemberg. An dieser Schule, die auch seine beiden Brüder "beherbergt", wird mit zweiFremdsprachen begonnen.

EXKURS: Nachdem das Land keine einheitliche Lösung zu diesem Problem vorgab, entscheiden jetzt die Gymnasien selbst, ob sie mit einer oder zwei Fremdsprachen in der 5. Klasse durchstarten. So kommt es allerorts zu der irrwitzigen Situation, dass Schüler nicht mal mehr in der gleichen Stadt problemlos das Gymnasium wechseln könnten - wenn sie denn wollten...

Seit in der 5. Klasse vor zwei Jahren mit 2 Fremdsprachen gleichzeitig begonnen wurde, erleben die Latein-/Englischklassen einen Boom. Kein Wunder, eine adäquate pädagogische Antwort darauf, wie man gleichzeitig zwei lebende Sprachen einführt, die völlig unterschiedlich geschrieben wie gesprochen werden, kann man den Eltern nach wie vor nicht geben... Während es bei unserem Ältesten von fünf 5. Klassen nur eine Lateinklasse gab, hatten sich beim Jahrgang des Mittleren schlagartig so viel Schüler für Latein eintschieden, dass sie für 2 1/2 Klassen ausreichten und jetzt sind es, glaube ich, drei Lateinklassen...

Vor zwei Jahren mussten die frischgebackenen Fünftklässler noch mit Büchern aus dem neunjährigen Gymnasium vorlieb nehmen, was v.a. in den Sprachen zu Schwierigkeiten führte. Die Lateinlehrerin sagte damals klipp und klar: Sie habe jetzt nur noch vier Wochenstunden zu Verfügung, wozu sie im neunjährigen Gymnasium sechs Wochenstunden gehabt hatte.
Die Englischlehrerin meinte, die Fachschaft Englisch habe die Bücher "entrümpelt", damit es für´s G 8 passend sei. Auf Nachfrage der Eltern, wieviele Vokabeln oder Zeiten gestrichen worden seien (denn wie will man eine Sprachbücher entrümpeln?), stelle sich heraus, dass die spielerischen, vertiefenden Elemente gestrichen wurden - das Vertiefen obliegt im G 8 sowieso den Eltern...

Als nun mein Jüngster mit den neuen, speziell für´s G 8 konzipierten Büchern zuhause ankam, dachte ich noch: "Na endlich!"...
Jetzt, etwas mehr als fünf Wochen später, wünsche ich mir in Latein das alte Buch bereits zurück: In der 1. - 2. Lektion (die jetzt abgeschlossen ist) wurden über 70 Vokabeln gelernt (in Englisch zum Vergleich in der gleichen Zeit über 90...), 3 verschiedene Deklinationen und 5 verschiedene Konjugationen eingeführt (nicht in allen Fällen und Personen, aber immerhin...). Die Übersetzungstexte sind länger als im Vorgängerbuch in der 8. Klasse, es tummeln sich hier Satzungetüme mit Haupt-, Nebensätzen, mehreren Infinitiven, etc.

Die Lateinlehrerin wollte auf dem Elternabend "das neue Konzept" dieses Buches vorstellen - ein Vater fiel ihr ins Wort:"Das Konzept beinhaltet wohl, dass man davon ausgeht, die Eltern können Latein und unterstützen zuahuse ausgiebig den Lehrer!" - Aus manchen Ecken des Klassenzimmers kam von Eltern völlig verzweifelt: "Wir können aber kein Latein!" -

Pech gehabt, kann man da nur sagen! Sie brauchen schon eine gymnasiale Laufbahn, wenn Sie ihr Kind in Ba-Wü aufs Gymnasium schicken wollen und wenn Sie es gar noch in eine Lateinklasse in der 5. Klasse anmelden, sollten sie schon das kleine Latinum als Minimalvoraussetzung haben!
Wo kämen wir denn da hin, wenn Hinz und Kunz ihrem Nachwuchs einfach eine höhere Schulbildung angedeihen lassen wollte! Bleiben wir doch dabei, dass nur bildungsnahe Schichten mit funktionierendem Elternhaus (denn nur so bleibt ausreichend Zeit zum "Kindercoaching") ihre Sprösslinge zu höheren schulischen Weihen führen können - wir haben ja genügend gut ausgebildete Fachkräfte in diesem unserem Lande...

Webkatalog

Sieg des taktischen Lernens

Nun ist es also gescheitert, nicht das Zentralabitur, wie viele Zeitungen schreiben, sondern das Vorhaben eines zentralen Zentralabiturs. Vierzehn von sechzehn Bundesländern haben ihr Zentralabitur nämlich bereits eingeführt. Schleswig-Holstein kommt im nächsten Jahr dazu. Nur Rheinland-Pfalz macht nicht mit. Im Sommer hatte Bundesbildungsministerin Annette Schavan einheitliche Schulbücher verlangt und auch bundeseinheitliche Abiturprüfungen gefordert. Das gab Schlagzeilen. Flugs wurde das Thema auf die Tagesordnung der Kultusministerkonferenz gesetzt. Die konnte sich aber am 17. Oktober auf diesen Vorschlag nicht einigen...

2007-10-13

Tempo, Tempo?

Oder wie man Zeit gewinnt. Ein Plädoyer für das langsame Lernen, für Intensität statt Fülle
Von Reinhard Kahl
”Wir brauchen mehr Tempo auf Deutschlands Ausbildungswegen. Wir müssen um Jahre schneller werden!“ Das sagte vor ein paar Tagen Annette Schavan. Was folgt aus dieser Feststellung der Bundesministerin für Bildung und Forschung? Studiert schneller, liebe Studenten, beeilt euch, ihr Schüler und Lehrer, redet schneller?

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